23.08.2006
Hitzlsperger: Wende oder Ende
"Vor gut sechs Wochen ist er im Daimlerstadion als WM-Held gefeiert worden, zuletzt stand Thomas Hitzlsperger beim VfB Stuttgart nicht einmal mehr im Kader. Der Nationalspieler ist hart gelandet. Nun wehrt er sich gegen den Vorwurf, nicht kritikfähig zu sein - und fordert eine faire Chance.
Der VfB und Hitzlsperger - das sieht immer mehr nach einem großen Missverständnis aus. 2005 wechselte der 24-Jährige von Aston Villa zu den Roten - doch dort hat er bisher nie überzeugen können. Wobei man dem gebürtigen Münchner zugute halten muss, dass es in der vergangenen Saison nicht einfach war, sich beim VfB zurechtzufinden.
Jetzt sollte alles besser werden. "Ich habe mich so sehr auf diese Saison gefreut", sagt Hitzlsperger. Die Freude ist schnell der Verbitterung gewichen. Als linker Verteidiger war er beim 0:3 gegen Nürnberg an allen Gegentoren beteiligt. Die Folge: Hitzlsperger flog vor dem Spiel in Bielefeld aus dem Kader - und versteht die Welt nicht mehr. Der 24-Jährige wirkt angeschlagen: "Das ist krass. Ich weiß nicht, warum ich nicht dabei war. Vor dem Nürnberg-Spiel hieß es, man setzt auf mich. Dass 90 Minuten so viel verändern können, hätte ich nicht gedacht. So etwas ist mir noch nicht passiert." Hitzlsperger fühlt sich als Sündenbock: "Ich habe ein schlechtes Spiel gemacht - nicht mehr und nicht weniger. Aber ohne jemandem nahe zu treten: Ich kenne keinen, der in dieser Partie Topleistung gebracht hat."
Vor allem zwei Aspekte beschäftigen Hitzlsperger: Dass niemand mit ihm geredet hat ("Die Art und Weise ist schon komisch.") - und dass er nicht auf seiner angestammten Position gespielt hat: "Ich sehe mich als Mittelfeldspieler, als solcher möchte ich auch bewertet werden. Ich habe in der Abwehr nur ausgeholfen." Dass der VfB in Daniel Bierofka und Antonio da Silva zwei Spieler für das linke Mittelfeld hat, stört ihn nicht: "Ich bin besser als die, die da sind, so viel Selbstvertrauen habe ich. Aber um das zu zeigen, muss ich im Mittelfeld eine Chance kriegen - und zwar über einen längeren Zeitraum." Teammanager Horst Heldt entgegnet, dass Hitzlsperger alles selbst in der Hand habe: "Wenn er reden will: Meine Tür steht immer offen. Was die Aufstellung betrifft, kann ich nur sagen: Bei uns zählt das Leistungsprinzip."
Ein weiterer Streitpunkt ist die Selbstkritik des Nationalspielers. "Wer denkt, ich sei nicht einsichtig, liegt falsch. Ich weiß, dass ich Fehler mache. Aber ich verlange, dass die Kritik an mir fundiert ist. Ich will immer wissen: Wie werde ich besser?", sagt Hitzlsperger. Auf dem Wasen herrscht darüber eine andere Meinung. Die Positionen sind verhärtet. Dass Hitzlsperger seine Ziele in Gefahr sieht, macht die Situation nicht einfacher. "Ich habe noch so viel vor - auch im Nationalteam. Aber dort kann ich nur bleiben, wenn ich beim VfB spiele." Nun hofft er auf die schnelle Wende: "Am Samstag gegen Dortmund ist da Silva gesperrt. Vielleicht bekomme ich dann eine Chance."
Wahrscheinlicher scheint derzeit ein anderes Szenario - dass Hitzlsperger den VfB verlässt. Am Ende der Saison, wenn sein Vertrag ausläuft, in der Winterpause - oder noch vor Ende der Wechselfrist am 31. August. "Damit beschäftige ich mich nicht", sagt Heldt. Hitzlsperger schon. "Wenn der Verein mir ein Signal in diese Richtung gibt, muss ich mich anders orientieren. Eigentlich wollte ich mich nicht nach einem Jahr verabschieden. Aber ich brauche das Vertrauen von Trainer und Manager.""
Stuttgarter Nachrichten 23. August 2006
Well done, VfB, for alienating yet another player--a lot of it is a replay of what happened to Andi Hinkel (e.g. the not-talking bit).