StZ wrote:13.09.2006
"Das ist wie ein Ritt auf der Rasierklinge"
"Der VfB-Kapitän Fernando Meira kommt nicht auf die Beine. Kaum hat der Nationalspieler aus Portugal eine Muskelverletzung überstanden, zieht er sich die nächste zu - was für Christian Kolodziej (37) kein Zufall ist. Der Konditions- und Rehatrainer des VfB Stuttgart kritisiert eine gefährliche Überlastung der WM-Teilnehmer - und eine ungenügende Zusammenarbeit mit dem deutschen Nationalteam. "Die Kommunikation mit den Klubs ist nicht optimal", sagt Kolodziej.
Herr Kolodziej, ist Fernando Meira ein besonders verletzungsanfälliger Spieler?
Christian Kolodziej: "Nein, von seinen körperlichen Voraussetzungen her ist er sogar das Gegenteil. Er gehört zu unseren robusteren Leuten."
Dennoch leidet er jetzt zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit unter einem Muskelfaserriss.
Christian Kolodziej: "Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Jeder weiß, dass die Pause nach der Weltmeisterschaft viel zu kurz war. Dazu kamen dann die hohe Trainingsbelastung, um den konditionellen Rückstand aufzuholen, und die erneute Abstellung zu drei Länderspielen Mitte August und Anfang September."
Experten wie der Bayern-Manager Uli Hoeneß fordern deshalb eine Verschlankung des internationalen Terminkalenders und sagen, Spiele gegen Länder wie San Marino seien unsinnige Belastungen für die Profis.
Christian Kolodziej: "Die Partie gegen San Marino gehörte immerhin zur EM-Qualifikation. Aber ob wir wirklich zu einem Test Mitte August gegen Schweden antreten mussten, ist eine andere Frage."
Für Sie war das überflüssig?
Christian Kolodziej: "Dahinter steckt immer ein Interessenkonflikt. Wenn es wenig Vorbereitungsspiele gibt, klagt die Nationalmannschaft darüber, dass die Möglichkeit fehlt, den Rhythmus zu finden. Und jeder Verband und jeder Bundestrainer gerät unter Druck, wenn sich keine Erfolge einstellen. Aber andererseits verdienen die Spieler ihr Geld nun mal in den Vereinen. Und Tatsache ist, dass von einem verletzten Profi keiner profitiert. Der schießt keine Tore und verhindert auch keine."
Es gibt da kein Miteinander zwischen den Nationalteams und den Klubs?
Christian Kolodziej: "Kürzlich forderte die Schweiz unseren Stürmer Marco Streller an - für ein Testspiel. Dabei wurde der bei uns als verletzt geführt, zudem hatte er erhebliche Defizite in Sachen Fitness. Deshalb arbeitete er bei uns nach einem speziellen Trainingsplan. Der wurde durch den Abstecher in die Schweiz gestört. Ob das zum Wohl des Spielers war, sei einmal dahingestellt. Aber den Verbänden ist das Hemd nun einmal näher als die Hose."
Gilt das auch für den DFB?
Christian Kolodziej: "Dass die Kommunikation mit den Vereinen nicht optimal funktioniert, zeigt sich schon daran, dass die Spieler bei der Nationalmannschaft einen Fragebogen über die Trainingsmethoden in ihren Klubs ausfüllen müssen. Dabei können sie das nicht immer richtig beurteilen. Viel nahe liegender wäre es für die Verantwortlichen doch, wenn sie sich mit den Konditionstrainern in den Vereinen in Verbindung setzen würden. Die wissen genau Bescheid. Aber das passiert nicht."
Warum nicht?
Christian Kolodziej: "Da bin ich der falsche Ansprechpartner, da müssen sie sich bei der Nationalmannschaft erkundigen."
Ist denn die Belastungsgrenze für die Profis mittlerweile überschritten?
Christian Kolodziej: "Erstens ist dieses Limit nicht klar definierbar, und zweitens muss man das immer individuell betrachten. Aber auf Fernando Meira bezogen lautet die Antwort sicher: Ja."
Ist Meira ein Einzelfall?
Christian Kolodziej: "Eindeutig nein. So weiß ich aus dem Bayern-Lager, dass deren WM-Teilnehmer auch alles andere als gut drauf sind."
Dann scheint sich dieses Dilemma wie ein roter Faden durch die Liga zu ziehen.
Christian Kolodziej: "Am Montag vor einer Woche fand ein Treffen und ein Austausch aller Bundesligatrainer statt. Die Konditionstrainer waren da ebenfalls mit dabei - aber leider nicht derjenige der Nationalmannschaft."
Was war das Ergebnis dieser Runde?
Christian Kolodziej: "Dass durch die Bank alle WM-Spieler dasselbe Problem haben wie Fernando Meira. Das ist sehr bedenklich, auch weil jetzt wieder der Europapokal beginnt. Die deutschen Vereine sind geschwächt - und das, wo der internationale Ruf ohnehin nicht mehr der beste ist. Also beißt sich im Endeffekt die Schlange selbst in den Schwanz."
Es gibt Spieler, die durch die EM, den Konföderationen-Cup und die WM nun seit Jahren keine richtige Sommerpause mehr hatten. Ist das überhaupt noch zu verantworten?
Christian Kolodziej: "Und die Pause im Winter beträgt auch nur maximal zwölf Tage. Deshalb vermute ich stark, dass da ein unmittelbarer Zusammenhang zur Verletzungsanfälligkeit besteht."
Was kann ein derart gestresster Spieler selbst dazu beitragen, um sich vor Schäden zu schützen?
Christian Kolodziej: "Relativ wenig. Ich gehe davon aus, dass alle einen professionellen Lebenswandel mit einer vernünftigen Ernährung und genügend Schlaf praktizieren. Was man tun kann, ist regenerieren. Darauf sollte man Wert legen. Mehr Training würde die Verletzungsgefahr dagegen noch weiter erhöhen."
Was bedeutet das für Fernando Meira?
Christian Kolodziej: "Wir versuchen alles, was aus sportmedizinischer Sicht möglich ist - ohne Risiken einzugehen. Es geht nur in kleinen Schichten. Damit wollen wir ihn aus dem Loch holen. Schlimm ist nämlich nicht nur seine Verletzung, sondern auch der dadurch verursachte erneute Trainingsrückstand."
Also muss sich Meira irgendwie in die Winterpause retten?
Christian Kolodziej: "Es ist wie ein Ritt auf der Rasierklinge."
Stuttgarter Zeitung 13. September 2006
And, for some amusement:
To strengthen their... DEFENSE?! Seems as if Schalke have completely lost the plot.Sportbild wrote:"Beim VfB Stuttgart hat Thomas Hitzelsperger (24) nicht viel zu lachen. Das Verhältnis zu Trainer Armin Veh (45) ist zerrüttet, sein geforderter Stammplatz kein Thema. Die Zeichen stehen auf Abschied, zumal sein Vertrag ausläuft. Schalke 04 soll bereits Interesse am Nationalspieler (18 A-Länderspiele, zwei Tore) haben. Manager Andreas Müller (43) sucht zur nächsten Saison nach Alternativen für die Defensive. Grund: Die Abwehr gehört zwar zu den stärksten der Liga. Doch mit Marcelo Bordon (30), Darío Rodriguez (31) und Mladen Krstajic (32) sind gleich drei mögliche Spieler der Viererkette 30 Jahre und älter. Schalke muss verjüngen, beobachtet neben Bielefelds Heiko Westermann (23) deshalb auch Hitzelsperger. Müller hat schon mehrfach betont: "Deutsche Nationalspieler sind für uns immer interessant." Vor allem, wenn sie am Saisonende ablösefrei sind. Wie Hitzelsperger. Der lässt die Spekulationen lieber unbestätigt, sagt: "Der Trainer hat gesagt, ich solle weniger reden und ihn auf dem Platz überzeugen. Daran halte ich mich."
Last edited by anglophileHedgehog on Sun May 02, 2010 10:35 pm; edited 1 time in total