'Die EM 2008 ist in meinem Kopf'
10.02.2007
Von Timo Prüfig
SPORT BILD online: Herr Hinkel, wie geht es Ihnen nach dem ersten halben Jahr in Sevilla?
Andreas Hinkel (24), FC Sevilla: Sehr gut. Die Stadt ist toll und der Verein natürlich auch. Vor zwei Wochen habe ich sogar mein erstes Live-Interview auf spanisch gegeben. Das kostete schon etwas Überwindung, aber ich denke man konnte verstehen, was ich gesagt habe.
Und wie läuft es sportlich?
Die letzten Wochen waren ganz okay. Nach meinem ersten Ligaspiel über 90 Minuten Mitte Januar gegen Villarreal dachte ich, dass es jetzt für mich richtig los geht.
Aber?
Zuletzt hat mich Trainer Juande Ramos wieder nur auf die Bank gesetzt. Das war schon ein bisschen enttäuschend.
Woran liegt das?
Naja, der FC Sevilla ist ja nicht irgendein Verein. Das ist einer der besten Klubs der Welt. Wir haben den Uefa-Cup gewonnen, außerdem den Supercup gegen Champions-League-Sieger FC Barcelona. Das ist hier eine verdammt starke Truppe.
Das hört sich schon fast ein bisschen verzweifelt an.
Auf keinen Fall. Ich bin bereit und hoffe weiter auf meine Chance. Bei jeder Trainingseinheit versuche ich, mich aufzudrängen und beim Trainer zu empfehlen.
Was fehlt Ihnen derzeit zu einem Stammplatz?
Ich fühle mich topfit. Aber mit Daniel Alvez habe ich auf der rechten Abwehrseite einen sehr starken Konkurrenten auf meiner Position. Wir haben allerdings einen sehr anstrengenden Februar vor uns mit vielen englischen Wochen: Mittwoch ist ein Länderspieltag, dann sind die beiden Uefa-Cup-Spiele gegen Steaua Bukarest und das Rückspiel im spanischen Pokal gegen unseren Stadtrivalen Betis. Da wird der Trainer sicher wieder rotieren. Es ist wichtig, dass ich Spielpraxis bekomme.
Um dann auch wieder ein Thema für die Nationalmannschaft zu sein? Gibt es Kontakt zu Bundestrainer Joachim Löw?
Leider gar nicht. Weder per SMS oder sonstwie. Ich gehe aber davon aus, dass er sich regelmäßig über den spanischen Fußball informiert.
Sie haben also die EM 2008 noch nicht aus den Augen verloren?
Natürlich ist die EM in meinem Kopf. Bis dahin ist noch über ein Jahr Zeit, und ich weiß, wie schnell es im Fußball gehen kann. Ich werde nicht aufgeben.
http://www.sportbild.de/sportbild/generated/article/fussball/2007/02/10/5483600000.html
Pardo: "In der Bundesliga liegen schnell zwei auf dir drauf"
Am Samstag kann der VfB Stuttgart im Spitzenspiel gegen Werder Bremen (15.30 Uhr, WELT.de-Liveticker) den Abstand auf die Hanseaten auf einen Punkt verkürzen. Im Interview mit WELT.de spricht der Mexikaner Pavel Pardo über ernstes Training, Schnee in Deutschland und Geduld mit der jungen VfB-Mannschaft.
Von Martin Henkel
WELT.de: Senor Pardo, Sie haben den ersten Schnee erlebt. Mögen Sie Schnee?
Pavel Pardo: Ich finde ihn schön - für drei oder vier Tage.
WELT.de: Es hat in Nürnberg geschneit, und Sie haben mit dem VfB prompt verloren.
Pardo: Da hat mir der Schnee natürlich nicht gefallen.
WELT.de: Zu Ihrem Glück haben hat sich Ihr Team wieder gefangen. Jetzt kommt Werder, ein Spitzenspiel. Was erwarten Sie von der Partie?
Pardo: Wir freuen uns darauf. Das Stadion ist ausverkauft, beide Teams wollen ein positives Ergebnis erzielen und werden dementsprechend auftreten.
WELT.de: Ihr Trainer schwärmt von Bremen. Werder spiele Fußball, wie er ihn sich vorstelle.
Pardo: Die Bremer haben überragende Einzelspieler in ihren Reihen und funktionieren darüber hinaus als Mannschaft sehr gut. Im Hinspiel haben sie in der Anfangsphase beeindruckend agiert und schnell 2:0 geführt. Glücklicherweise konnten wir der Begegnung anschließend noch eine Wendung geben und als Sieger den Platz verlassen.
WELT.de: Kommt die Bremer Spielweise Ihrer südamerikanischen Philosophie von Fußball nahe?
Pardo: Eine offensive Spielweise wie die der Bremer ist für jeden Fußballfan attraktiv. Auch mir gefällt diese Art zu spielen. Entscheidend ist, dass gleichzeitig die Defensive gut organisiert ist. Das beherrschen die sehr gut.
WELT.de: Ist die Meisterschaft für den VfB ein Thema? Ihr Trainer hat nach dem 1:4 in Nürnberg gesagt: "Da oben haben wir nichts zu suchen."
Pardo: Die Meisterschaft kann schlecht für uns vorbei sein. Armin Veh hat Recht, sie ist nie unser Saisonziel gewesen, auch wenn wir oben mitspielen.
WELT.de: Das sah mal anders aus, der VfB war zwischenzeitlich sogar Tabellenführer. Haben Sie über ihren Möglichkeiten gespielt?
Pardo: Darüber nicht, aber wir dürfen die Realität nicht aus den Augen verlieren. Fragen Sie den FC Barcelona, wie viel die in den vergangenen Jahren für Spieler ausgegeben haben, fragen Sie auch die Bayern. Und dann nehmen Sie die den VfB. Wir haben ein junges Team, wir sind hungrig, und wir spielen guten Fußball. Ich denke nicht, dass der VfB sich schlecht entwickelt hat. Aber, um wirklich ganz oben mitspielen zu können, braucht es noch etwas Zeit.
WELT.de: Was fehlt dem VfB noch?
Pardo: Vielleicht noch etwas Erfahrung. Je mehr man im Fußball erlebt hat, die verschiedenen Szenarien kennt, wie sich ein Spiel entwickeln kann, desto ruhiger geht der Puls. Diese Reife gemischt mit jungen Spielern braucht man, um die ganz großen Partien zu gewinnen.
WELT.de: Wie bewerten Sie die Bundesliga?
Pardo: Der Fußball ist dynamischer, als ich das bisher kannte. Schneller. In Mexiko hatte ich bei der Ballannahme eine Sekunde Zeit, in der Bundesliga liegen da schon zwei auf dir drauf. Man muss ziemlich flink sein, mit dem Kopf und den Füßen.
WELT.de: So manchem Ausländer ist der Fußball in Deutschland zu athletisch gewesen.
Pardo: Wieso zu athletisch? Nur rein körperlich geht es nun auch nicht wieder zu. Man sieht es bei uns oder gerade bei Werder Bremen, dass in der Bundesliga Fußball gespielt wird. Es ist nicht Spanien, auch nicht Italien oder England. Es ist Deutschland, mit seiner ganz eigenen Art, Fußball zu interpretieren. Das ist nicht schlechter, nur anders.
WELT.de: Mögen Sie Ihr Leben in Deutschland?
Pardo: Es passt alles zusammen. Die Stadt ist schön, der Klub behandelt mich gut, die Mannschaft ist gut, und sie spielt guten Fußball. Alles ist gut.
WELT.de: Besonders differenziert klingt das nicht.
Pardo: Aber so ist es.
WELT.de: Dürfen wir uns kleine Zweifel bewahren?
Pardo: Na klar, aber warum?
WELT.de: Wir leben in der Annahme, dass zwischen der deutschen und der lateinamerikanischen Lebensart Welten liegen.
Pardo: Keine Frage, es gibt schon Unterschiede. Wir Mexikaner sind sicherlich etwas fröhlicher, und das Leben geht uns leichter von der Hand. In Deutschland hingegen wird alles mit einem gewissen Ernst erledigt. Zum Beispiel beim Torschusstraining. In Mexiko wird gestänkert, gescherzt und gelacht. In Deutschland sag' ich manchmal: "Muchachos, vergesst das Lachen nicht! Das Leben ist dazu da, dass man es genießt."
Artikel erschienen am 10.02.2007